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.oO Schlachthofgesellschaft (Gedanken, Teil2)


~xX([Schlachthofgesellschaft])Xx~


~Teil 2~

Es ist schwierig in der heutigen Gesellschaft. Schwierig für Menschen wie mich, die Gewalt - vor allem gegen Unschuldige, Wehrlose, Entmachtete, Hilfebedürfte - ablehnen und andere Wege beschreiten wollen. Diese Gesellschaft akzeptiert solche Menschen nicht. Sie lacht sie aus, verspottet sie, sie nennt sie Lügner*innen und naiv, emotional oder Hippies. Es ist ihnen egal, was sie wirklich sind. Frieden gibt es in dieser Gesellschaft, die sich den Krieg zum Zeitvertreib, Ziel und Weg erkoren hat, nicht und Menschen, die nach Frieden streben müssen einfach als etwas Abnormes und Lächerliches dargestellt werden, sonst würden andere sich an ihnen vielleicht noch ein Beispiel nehmen. Liebe, Mitgefühl und Respekt haben kein Platz, wo Profite und Macht auf dem Spiel stehen. Leider bin ich schon zu tief in einer Utopie der größtmöglichen Leidfreiheit versunken, als dass ich mich davon wieder befreien könnte, um der Mensch zu sein, den sie alle sich wünschen. Viele aber wünschen ihn sich auch nicht für Profite oder Macht. Sie wünschen ihn sich aus Scham und Schuld, denn insgeheim sind sie sich darüber bewusst, dass ihre Taten immer von Grausamkeit, Ignoranz und Bequemlichkeit zeugen. Es ist selten Nicht-wissen, es ist meist Nicht-wissen-wollen.


.oO Schlachthofgesellschaft (Gedanken, Teil1)


~xX([Schlachthofgesellschaft])Xx~


~Teil 1~

Weiße Kacheln. Glänzend, blank, steril. Wie ich sie verabscheue. Es erscheint so banal. Doch sie rufen in mir Erinnerungen hervor, die mich ängstigen, schmerzen. Leider ist es fast unmöglich sie zu umgehen: Küchen, Bäder, Arztpraxen, Krankenhäuser - sie sind voll davon. Ich stelle mir vor, wie gekachelte Räume sich blitzartig in Tierversuchslabore oder Schlachthäuser verwandeln, wie Blut an die gekachelten Wände spritzt, von den gekachelten Wänden läuft, wie Blut auf den gekachelten Boden spritzt und wie das Blut von den gekachelten Wänden und dem gekachelten Boden sich in einem metallenem Abguss sammelt und langsam versickert. Ich stelle mir vor wie kurz danach das nächste Opfer grob in den gekachelten Raum geschleift und gedroschen wird, wie es zittert, uriniert, sich windet, ausschlägt, wie unnachgiebige Hände nach ihm oder ihr greifen, den verängstigten Leib zum Stillstand zwingen, um einen metallenen Bolzen durch den Schädel zu treiben, die Kehle zu durchschneiden und den zuckenden Leib zur weiteren Verwertung fortzuschieben. Abermals sammelt sich das Blut, abermals versickert es und mit ihm das letzte Lebenszeichen der Opfer. Die letzte Erinnerung an das Leben wird damit ausgelöscht. Glänzendes Blut, blankes Entsetzen, sterile Kachelwände und -Böden. Wie ich es verabscheue.


.oO Das Kalb (Gedicht von Justinus Kerner)


~xX([Das Kalb])Xx~

Du Tier, im dunklen Stall geboren,
Eh' du des Lebens recht bewusst,
Greift dich ein Schlächter bei den Ohren
Und reißt dich von der Mutterbrust.

Dein großes Auge fromm und helle,
Sieht da die Au' zum erstenmal,
doch angstvoll; denn des Hunds Gebelle
Treibt rastlos dich durchs grüne Tal.

Bald binden sie dir deine Glieder,
Sie achten nicht dein Angstgeschrei,
Man wirft dich auf die Schlachtbank nieder
Und schneidet dir den Hals entzwei.

Doch bei dem letzten Hauch der Kehle
Ein Glanz aus deinen Augen spricht:
"In mir auch wohnet eine Seele,
Für mich auch hält ein Gott* Gericht."


Justinus Kerner (1786-1862)

*Anm.: Ich distanziere mich antürlich von jeglichem Theismus, trotzdem finde ich das Gedicht rührend und seiner Zeit eben angemessen.