.oO Impressionen vom Infostand

~xX([Impressionen vom Infostand])Xx~

Da steht er nun, V. Wie selbstverständlich marschierte er vor ein paar Sekunden zu unserem Infostand und ließ nach kurzer Zeit sein Käse-irgendwas-Baguette beiläufig in der Jackentasche verschwinden. Selbstsicher grienend wie immer. H. neben mir beginnt sofort freudig mit ihm zu plauschen. Da wir uns gerade über den Tierschutzstand ein paar Meter neben uns ärgerten, fragt sie ihn sogleich, wofür er is(s)t: Käfige oder Freiheit? Mit der Erinnerung an seine letzte noch nicht ganz verputzte Speise, war mir die Antwort auch schon ohne dass er den Mund öffnet klar. Aber er antwortete natürlich nicht so frei von der Leber weg. Er druckste eher und wollte sich zu nichts von beidem bekennen. Er ist ja politisch, aber nicht so. Also, nicht in dieser Hinsicht. Es mag eine interessante Disziplin sein, wie Menschen sich anderen Wesen gegenüber zu verhalten haben, aber es sei eben nicht seine Disziplin. Er hätte aber - gab er gönnerisch zu - Verständnis, dass andere da andere Prioritäten setzten und eben z.B. kein Tierblut an ihren Händen möchten. Wie gütig, dachte ich grollend. Im weiteren Verlauf des Gesprächs mit H. hatte V. natürlich noch allerhand andere wichtige Argumente zur Selbstverteidigung vorzubringen. Ein komplett ausbeutungsfreies Leben sei eben nicht möglich, also wenn wir schon Elektronik aus schändlichen Arbeitsbedingungen erkaufen, warum nicht auch zerlegte Schweineteile. Aber natürlich ist er da nicht ganz so wie die anderen. Allein aus ökologischen Gründen dürften wir Menschen ja kein Fleisch mehr essen und er isst immerhin sehr wenig, was auch immer das heißt, fügte ich insgeheim hinzu. Jedenfalls möchte er sich aber auch nicht zu einer vegetarischen (geschweige denn veganen, das ist zu radikal!) Lebenweise durchringen, das ist zuviel Aufwand. Er habe eben andere Prioritäten und is(s)t in diesem Punkt sehr liberal. Hach, wie groß sich all die Tierausbeuter_innen doch immer "liberal" auf die Fahne schreiben. Und natürlich "tolerant". Sie erlauben uns, keine tierlichen Produkte zu essen. Das soll ja jeder Menschen machen, wie er_sie möchte. Hm, aber meinte er nicht, er sei politisch? Das Gute ist ja, dass mensch auch als "politisch interessiert" sich nicht mit Tierausbeutung befassen muss, wenn Tierausbeutung einfach auf die persönliche Ebene abgewälzt wird. Es ist eben jedes Menschen private Entscheidung, ob er_sie nun Tiere quälen möchte oder nicht. Wir leben doch nicht mehr in totalitären Systemen! Klaut den Leuten doch bitte nicht die Butter vom Brot, und die Wurst noch dazu, das ist intolerant und vor allem ist es nicht liberal. Wenn wir uns schon nicht um Tierrechte scheren, dann doch wenigstens um Menschenrechte.
Und das Recht auf Wurstbrot ist unantastbar.

(Mein Einwand, dass auch vegan lebende Menschen für Menschenrechte aktiv sein können, es also kein Widerspruch ist, sich für andere Tiere und auch den Menschen selbst zu engagieren, stieß zwar grundsätzlich auf Zustimmung, wurde jedoch mit dem Verweis auf die Radikalität des Veganlebens abgewiesen. Nun ja, ich weiß schon, dass es für viele eine fast unüberwindbare Mühe ist, sich vegan belegte Brote für unterwegs mitzunehmen, anstatt tierquälerische Baguettes beim Imbiss zu kaufen und dreister Weise an Tierrechtsständen zu mümmeln...)

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